Bericht zur Hilfsaktion Ukraine

Freitag, 11. März 2022

Schülerinnen und Schüler der Handelsakademie und Handelsschule Hallein sortieren die letzten Kisten für den humanitären Hilfstransport zugunsten von Flüchtlingen bzw. Bewohner*innen der Ukraine. Frau Mag. Jana Svejda bringt den von SIXT-Autovermietung zu Sonderkonditionen bereitgestellten IVECO Transporter. Fleißig sind alle damit beschäftigt, Kartons zu beschriften, ein Register der Güter zu erstellen und den Transporter zu beladen.

Um ca. 12:00 mittags beginnt unsere Reise, erster Stopp ist die HAK1 Salzburg. Auch hier wurde gesammelt und nun wird gemeinsam verladen, danach geht es direkt weiter Richtung Ungarn. Bei St. Pölten stärken wir uns mit einem Gala-Menü vom goldenen M und vollziehen einen Fahrerwechsel.

10 Minuten nachdem ich das Steuer übernommen habe, erfolgt bereits die erste Polizeikontrolle. Der gütige Polizist erspart uns die Gewichtskontrolle (die definitiv das Ende unserer Reise bedeutet hätte). Grenze zu Ungarn erreicht, für € 1,26 pro Liter getankt und einen coffee to go geordert.

Um ca. 18:30 sind wir in Budapest, nach einem kurzen Stop and Go geht es weiter bis Nyíregyháza, ca. 90 km von Uzhhorod und 60 km von der Grenze entfernt. Unser Hotel ist leider ausgebucht und wir müssen eine Alternative suchen. Um 21:30 haben wir ein Hotel gefunden.

Samstag, 12. März 2022

6:00 Tagwache, Frühstück und Aufbruch Richtung Ukraine

8:20 EU-Außengrenze erreicht, erste Personen- und Ladegutkontrolle – sehr freundliche Zollbeamte und Polizisten, Dauer: ca. 20 Minuten.

Wir fahren über die Grenzbrücke und erspähen die ersten ukrainischen Soldaten. Mitten auf der Brücke werden wir für eine Personen- und Fahrzeugkontrolle gestoppt. Alle Daten werden auf einem Einreisezettel vermerkt. Sobald wir die Brücke überquert haben, gibt es die zweite Kontrolle. Unwissend haben wir uns eingeordnet, doch der Beamte erklärt uns, dass wir nicht den Privat-/Personenübergang nutzen dürfen, sondern uns im Güterverkehr-Abschnitt einordnen müssen.

Gesagt, getan. Allerdings wird es nun kompliziert. Zuerst werden alle Papiere kontrolliert, dann werden wir befragt und uns wird erklärt, dass wir leider nicht zu unserem Ziel Uzhhorod dürfen, da es in der Nacht mehrere Luftangriffswarnungen gegeben hat. Außerdem sind unser Transport und unsere Hilfsgüter von Volontär*innen, also uns und Ukrainer*innen, organisiert worden, was sich als zusätzliches Problem herausstellt. Ein bayrischer Konvoi mit Hilfsgütern hinter uns kämpft mit den gleichen Schwierigkeiten.

Mehrere Beamte nehmen sich unserer an und kontrollieren gleichzeitig unsere Hilfsgüter. Beim bayrischen Konvoi entsteht etwas Unmut, da es nicht verständlich ist, warum man die Hilfe so kritisch annimmt und so genau kontrolliert.

Auch für uns kommt das unerwartet und wir versetzen uns in die Lage der Ukrainer*innen: Wir versuchen, Güter in ein Kriegsgebiet, welches von Saboteuren und anderen Gefahren bedroht ist, zu bringen. Keiner kennt uns oder unseren Transport. Regelmäßig verschwinden Hilfsgüter, da sich organisierte “Banden” an dem Leid anderer bereichern möchten, sich Güter aneignen und sie auf dem Schwarzmarkt verkaufen.

Der Zöllner bietet uns an, die Güter in ein geheimes, aber offizielles Lager mit direkter Distribution zu liefern. Er würde uns mit seinem Kollegen dorthin eskortieren. Nachdem unser Unmut verflogen ist und wir unsere Pässe wiederbekommen haben, nehmen wir dieses Angebot dankend an.

Wir fahren ca. 10 Minuten und stehen vor einem Tor, welches von vier Soldaten beschützt wird. Auch hier herrschen wieder absolute Genauigkeit und Vorsicht, der Zollbeamte muss mehrere Telefonate führen, bis sich das Tor schließlich öffnet. Das Ziel ist in greifbarer Nähe – in einem Lager wird unser IVECO Transporter schließlich von vier oder fünf Freiwilligen mit gigantischer Geschwindigkeit entladen.

Meine Kollegin unterhält sich währenddessen mit den Anwesenden und wir erfahren so einiges. Die Frau des Lagerhauptverantwortlichen ist zum zweiten Mal schwanger, im achten Monat, und er zeigt uns Bilder davon, wie ihre dreijährige Tochter mit Fingerfarben eine ukrainische Landschaft auf den Bauch der Mutter malt. Er erzählt, dass er Salzburg liebt und Hallstatt bezaubernd findet, und er zeigt uns Bilder von einem Aufenthalt in Salzburg.

Obwohl die Stimmung im Lager, für mein Empfinden, merklich entspannter ist, sieht man Angst, Leere und Verzweiflung in den Gesichtern der Lagerarbeiter.

Beim Ausladen bemerke ich, wie eine Frau einen Kinderrucksack in Form eines Stoffkrokodils verzückt in die Hand nimmt. Zwei Minuten später muss sie von anderen Lagerarbeitern getröstet werden. Sie steht mit dem Rücken zu uns und weint. Nach dem Grund fragen wir nicht, unsere Vermutung ist, dass sie das Stofftier an etwas erinnert haben muss.

Ich verlasse das Lager und ordne meine Gedanken bei einer Zigarette, während meine Kollegin sich mit den anderen Lagerarbeitern unterhält.

Als ich die Lagerhalle wieder betrete, beschließen wir, die Heimfahrt anzutreten. Ich entschließe mich dazu, den Lagerarbeitern den Großteil unseres Proviants zu geben, da es in der Nähe keine Möglichkeit gibt, etwas zu kaufen, und ich davon ausgehe, dass sie die Stärkung definitiv nötiger haben als wir.

Völlig aufgelöst und leer im Kopf verlassen wir das Lager und nach mehreren Ausreisekontrollen auch die Ukraine.

Frau Mag. Svejda erklärt mir, dass alle Ukrainer, die wir getroffen haben, sehr dankbar für unseren Einsatz waren, sich jedoch wünschen, dass nicht nur die Zivilbevölkerung humanitäre Hilfe leisten, sondern sich auch die europäische Politik mutiger der Situation stellen würde. Die Ukraine ist ein europäisches Land mit europäischen Werten, das gerade für die Weltpolitik geopfert wird.

90 km von der ukrainischen Grenze entfernt entscheiden wir uns, etwas in einem gutbesuchten Restaurant zu essen. Familien sitzen gemeinsam am Tisch und essen, Kinder spielen, toben und lachen. Eine komplett andere Welt.

Mit gemischten Gefühlen sitze ich nun zuhause und schreibe diesen Bericht… Einerseits bin ich froh, gemeinsam mit meiner Kollegin Frau Mag. Svejda humanitäre Hilfe geleistet zu haben, andererseits empfinde ich eine gewisse Leere und Hilflosigkeit, da wir absolut nichts am Hauptproblem geändert haben.

Fazit: Ein geopolitischer Konflikt wird auf dem Rücken der Bürger*innen der Ukraine, Russlands sowie Europas ausgetragen.

Besonderen Dank widme ich meiner Kollegin Jana Svejda, die mich in jeder Hinsicht unterstützt hat, ohne sie wäre das Projekt nicht umsetzbar gewesen! Danke an meinen Direktor Mag. Werner Huber, der das Projekt ermöglicht und vollständig unterstützt hat, an meine Kolleginnen und Kollegen, die mich und das Projekt ebenso unterstützt haben.

Erwähnenswert ist, dass unsere Schülerinnen und Schüler der HAK/HAS Hallein außerhalb des Unterrichts Zeit und Energie investiert haben. Besonders die

3. Klasse der Handelsschule und die 3BKN Handelsakademie.

Herzlichen Dank auch an ALLE Spenderinnen und Spender, die dieses Projekt ermöglicht haben